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«Das Wichtigste ist die linke Hand»


Chris Conz (rechts) spielt und moderiert am kommenden Freitag im Singsaal Moosmatt. Hans Karrer (links) hat den «Stride and Boogie Summit» ins Leben gerufen.

Urdorf Pianist Chris Conz spielt am zweiten «Stride and Boogie Summit Urdorf» am 28. Juni. Im Interview erzählt er von den Vorzügen des Boogie-Woogie-Klavierstils und von seinen Rollen als Künstler und Veranstalter

Der Steinway-Flügel steht abseits der Bühne im Singsaal Moosmatt in Urdorf. Die mitreissende Melodie, die dem Klavier entspringt, erfüllt den ganzen Raum. Chris Conz lässt seine Hände über die Tasten gleiten. «Das Wichtigste beim Boogie-Woogie ist die linke Hand. Die muss laufen wie eine Eisenbahn. Mit der rechten Hand kann man improvisieren», sagt der Boogie-Woogie-, Blues- und Jazz-Pianist aus Uster. Am zweiten «Stride and Boogie Summit Urdorf» am Freitag werden bis zu 250 Gäste seinem Spiel lauschen. Der 33- Jährige ist das musikalische Aushängeschild des Anlasses und übernimmt zusätzlich die Moderation. Wenn man den Begriff Boogie-Woogie zum ersten Mal hört, denkt man an einen Tanzstil, bei dem die Hüften stark zum Einsatz kommen. Stimmt das mit der Realität überein? Chris Conz: Es stimmt, dass man zu Boogie-Woogie sehr gut tanzen kann. Die Musik groovt und macht glücklich. Damit bezeichnet man aber nicht nur einen Tanzstil, sondern auch einen Solo-Klavierstil aus den USA der 1930er-Jahre. Das Klavier kommt mit oder ohne Begleitung von Schlagzeug und Bass aus. Früher hatte man aus finanziellen Gründen oftmals nur ein Klavier zur Verfügung. Deshalb mussten die Pianisten fest in die Tasten hauen, um den ganzen Raum zu erfassen. Und was kommt Ihnen als erstes in den Sinn, wenn Sie an Boogie-Woogie denken? Für mich als Klavierspieler bedeutet Boogie-Woogie Freiheit. Der Stil bietet mir viele Möglichkeiten. Mit der linken Hand wiederholt man den Rhythmus, während man mit der rechten Hand Off-Beat-Figuren spielt. Ich kann Melodien einbauen und zum Beispiel ohne Problem den «Schacher Seppli» spielen. Boogie-Woogie eignet sich zudem für spontane Improvisationen auf der Bühne mit anderen Musikerinnen und Musikern. Am zweiten «Stride and Boogie Summit Urdorf» wird, wie der Name bereits verrät, auch Stride gespielt. Wie unterscheidet er sich vom Boogie-Woogie? Dieser Solo-Klavierstil ist anspruchsvoller und geht Richtung Jazz und Swing. Pianisten arbeiten mit mehr Harmonien. Gemeinsam haben die Stile, dass sie aus der selben Zeit stammen. Boogie-Woogie und Stride verbindet aber auch, dass sie Liebhaber-Stile sind, die nicht dieselbe Reichweite haben wie etwa die klassische Klaviermusik. Das ist leider so. Die meisten Leute haben keinen Zugang zu dieser Musik. Wie auch? Sie wird ja nicht einmal im Radio gespielt. Wenn Menschen Boogie- Woogie oder Stride jedoch zu Ohren bekommen, höre ich selten jemanden sagen: «Das gefällt mir nicht.» Die Musik macht Freude und muss live erlebt werden. Nur dann sieht man, wie schnell die Finger über die Tasten fliegen und nur dann kann man die Kommunikation zwischen dem Künstler und dem Publikum spüren. Wie kamen Sie in Berührung mit dem Boogie-Woogie? Als ich elf Jahre alt war, schenkte mir mein Vater eine Kassette von Pianist und Sänger Hamp Ruosch. So hörte ich die Musik zum ersten Mal. Ich war auf Anhieb begeistert. Mich faszinierte, was man alles mit einem Klavier anstellen kann. Da meine Schwester klassische Klaviermusik spielte und wir deshalb ein Piano zu Hause stehen hatten, ging es dann nicht lange, bis ich auch am Klavierstuhl sass. Ich nahm bei Hamp Ruosch Unterricht. Glücklicherweise wohnte er nur eine Ortschaft weiter in Wetzikon. Speziell ist, dass ich nicht wie sonst üblich eine klassische Ausbildung absolviert habe, sondern von Anfang an diese Stilrichtung einschlug. Sie selbst geben sich aber nicht mit dem Klavierspielen zufrieden, sondern sind auch als Veranstalter tätig. Das stimmt. Seit neun Jahren organisiere ich die «International Boogie Nights by Chris Conz» in Uster und neu auch in Thun. Gleichzeitig trete ich am Anlass aber auch als Pianist auf. Mir gefällt diese Kombination extrem gut. Es ist wichtig, beide Rollen zu kennen. Als Organisator weiss ich so genau, was die Künstler brauchen und kann mich in sie hineinfühlen. Gleichzeitig muss ich Rücksicht auf das zahlende Publikum nehmen und einen Kompromiss finden, der für das Publikum und für die Auftretenden stimmt. Wenn ein Musiker mir etwa sagt, dass der Scheinwerfer blendet, weiss ich, dass er richtig eingestellt ist. Sie haben bereits an zahlreichen Konzerten und Festivals im In- und Ausland gespielt. Was reizt Sie am «Stride and Boogie Summit Urdorf »? Die Mischung macht den Anlass zu etwas ganz Besonderem. Hervorragende Stride- und Boogie-Künstler treffen aufeinander. Normalerweise finden Veranstaltungen jeweils zu einer Piano-Stilrichtung statt. Gewisse Musiker standen noch nie gemeinsam auf der Bühne. Ich freue mich auf die Zusammenkunft und auf das gemeinsame Spielen. In der Boogie- und der Stride-Welt bewundern wir einander. Konkurrenzkämpfe gibt es nicht. Mit Pianist Chase Garrett, der am Freitag ebenso auftritt, bin ich über die Musik hinaus freundschaftlich verbunden. Letztes Jahr war ich sogar Gast an seiner Hochzeit. Der Auftritt am zweiten «Stride and Boogie Summit Urdorf» rückt näher. Sind Sie als geübter Konzert-Pianist vor solchen Events überhaupt noch nervös? Ja, zum Glück. Es wäre nicht gut, wenn ich nicht nervös wäre. Das gehört einfach dazu. Fünf Minuten vor Konzertbeginn ist mein Puls auf 180. Die Aufregung verfliegt aber, sobald ich auf der Bühne stehe und merke, dass das Publikum gut drauf ist. Dann macht sich bei mir Entspannung breit, ich fühle mich frei, kann abschalten und mich der Musik hingeben.

 

ZUR PERSON Prämierter Pianist

Chris Conz wurde 1985 in Uster geboren und entdeckte im Alter von 11 Jahren das Klavierspielen für sich. Er nahm Unterricht beim Pianisten Hamp Ruosch. 1998 spielte Conz zum ersten Mal Boogie- Woogie auf der Bühne. Bis heute hatte der Künstler zahlreiche Auftritte an Konzerten und Festivals im Inund Ausland als Solo-Pianist oder mit dem Chris Conz Trio. Die Band besteht neben Conz aus dem Schlagzeuger Mario Von Holten und dem C Kontrabassisten Arno Schulz. Conz spielte unter anderem mit Musik-Grössen wie Popa Chuby, Nigel Kennedy und Beverley Knight. 2011 wurde das Chris Conz Trio mit dem kleinen Prix Walo in der Sparte «Beste Nachwuchsband » ausgezeichnet. 2013 erhielt das Trio den Swiss Jazz Award. 2017 wurde Conz mit dem «German Boogie Woogie Award Pinetop» als Pianist des Jahres prämiert. Seit neun Jahren veranstaltet Conz zudem die «International Boogie Nights» in Uster. (SIB)

 

ZWEITE RUNDE Stride and Boogie

Zum zweiten Mal holt Hans Karrer Piano-Grössen aus der Schweiz und dem Ausland in den Singsaal Moosmatt nach Urdorf. Der Leiter der Schulverwaltung Urdorf ist leidenschaftlicher Klavierspieler. Ihm war es ein Anliegen, die Lücke im Limmattal bezüglich Stride-, Boogie-Woogie-, Swing- und Jazz-Anlässen zu schliessen. Dies tat er mit dem ersten «Stride and Boogie Summit Urdorf» vor einem Jahr. Der Event war erfolgreich. Für die zweite Ausga- Z be konnte Karrer neben Chris Conz auch den Saxofonisten Tom Müller aus Wien, den US-amerikanischen Blues- und Boogie- Woogie-Pianisten Chase Garrett, das Piano-Jazz-Trio Dave Ruosch sowie das Uitiker Piano-Talent Maurice Imhof verpflichten. Begleitet werden die Künstler vom Wiener Schlagzeuger Peter Müller und vom Kontrabassisten Dani Gugolz. Tickets für das rund zweistündige Konzert am Freitag, 28. Juni, ab 19.30 Uhr gibt es auf www.stride-boogie.ch oder unter 079 239 38 30. (SIB)

 
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