PIANO-FESTIVAL Weltkongress der Tastenzauberer: Das Luzerner «Piano Off-Stage» ist schwungvoll gestartet.
Bis weit ins Foyer des KKL drängten sich die Zuhörer, die einen mitreissenden Abend erlebten. Acht Jazzpianisten übertrafen sich in musikalischen Grenzgängen und steigerten sich spannungsreich bis hin zur abschliessenden Jamsession. Virtuos und technisch perfekt spielen sie alle, sie schlagen feinste Töne so selbstverständlich an wie aberwitzige Tempi, und als Dirk Raufeisen (D) gar den Flügel zum Dampfen brachte, raste das Publikum. Er überholte sich quasi ständig selbst in seinen stürmischen Variationen zu «I Wanna Be Happy», die er mit ungeheurem Drive in die Tasten meisselte. Ehud Asherie (USA) berührte mit sanft differenzierten gesanglichen Tönen, bevor er den «Wild Man Blues» mit toller Rhythmik zähmte. Chris Hopkins, der «Amerikaner aus Bochum», brauchte das Publikum als Perkussion in «Dancers In Love»; dann zauberte er zusammen mit Bernd Lhotzky (D) eine fantastische Kreuzung aus Dave Brubecks «Take Five» und Beethovens «Für Elise», die überzeugte.
Impressionistische Klangträume
Dass Lhotzky seine Eigenkompositionen so leichtfingrig spielte, «als würde jemand nur ein Glas Wasser eingiessen », und der Schweizer Walter Jauslin mit akkordischen Harmonieverschiebungen ganze musikalische Welten der jazzigen Möglichkeiten erschloss, begeisterte restlos. Als Jauslin aber zusammen mit Aaron Goldberg aus den USA die Uraufführung einer Ballade aus der Taufe hob, hielten alle den Atem an. Diese impressionistische Klangträumerei, jenseits aller gewohnten Pfade, liess die Töne schweben und perlen wie Wasserkaskaden, aus der sich glitzernde Tropfen lösten, kristallene Strukturen herausbildeten und wieder zerstreuten: Das war höchste gemeinsame Improvisationskunst. Der gebürtige Luzerner Andreas Knecht spielte melodiös und fein dyna- misch sein «For My Own Pleasure» und frotzelte beim «Blue Bossa»: «Für alle, die es wissen wollen, spiele ich in c-Moll – und für alle, die es nicht wissen wollen, auch in c-Moll!» Dass die Pianisten ihre Stücke selbst ankündigten und kurze Geschichtchen dazu einflochten, gefiel besonders.
Hinreissende Glut
Chris Conz (29), der jüngste Pianist in dieser illustren Runde und einer der heissesten Schweizer Nachwuchsjazzer, interpretierte den «KKL-Boogie» mit hinreissender Glut, hatte dabei aber durchaus die Gelassenheit, den Fotografen Blicke zuzuwerfen oder ins Publikum zu lächeln.
Wechselnde Duos
Dann spielte er, als sei es das Einfachste der Welt, mit Dirk Raufeisen den «Stormy Monday Blues»; wie Raufeisen das «O Lord Have Merci On Me» sang, war einzigartig. Das Publikum tobte da schon mal. Und als sich immer wieder andere Duos an die Flügel setzten, Plätze tauschten, Hopkins sich auch als genialer Saxofonist (von Goldberg wunderbar begleitet) zeigte, gab es kein Halten mehr. Wie gut, dass man diese fantastischen Pianisten noch bis Sonntag in verschiedenen Bars und Hotels hören kann!